Ein unverzichtbares Werkzeug in der Goldschmiedekunst ist der Sägebogen. In der Ausbildung lernt man zuerst einmal gerade Linien zu sägen, was für den Unerfahrenen schon einer hohen Kunst gleicht. Viele Sägeblätter gehen dabei zu Bruch und landen auf dem Sägeblatt-Friedhof – dem Mülleimer. Nach einer Weile kommen dann Kurven, Spitzen, rechte Winkel und mit dem sogenannten Ajour sägen, sogar schräg im Material selbst sägen, dazu. Mit dieser Vielfalt gemeisterter Sägedisziplinen lassen sich schließlich immer wieder neue schöne Schmuckstücke gestalten.
Allgemeines zur Säge
Das Sägen gehört, wie auch das Feilen auch, zu den spanenden Trennungsverfahren und erfordert Muskelkraft. Zum Einsatz kommt die Säge zum Trennen fester Materialien wie Holz, Metall, Kunststoff oder eben Gold und Silber.
Das Sägeblatt besteht aus vielen hintereinander angeordneten Zähnen, die eine Keilwirkung auf das zu bearbeitende Material haben. Durch jede Ab-Bewegung schneiden die einzelnen Sägeblattzähne Späne des zu trennenden Materials ab. Diese Späne werden so lange von den Zahnlücken festgehalten bis die Zahnlücken aus dem Material hervorragen. Mit anderen Worten, wenn ein senkrechter Keil mit genügend Kraft auf ein Material wie Metall wirkt, wird das Metall an der Wirkungsstelle verdrängt und der Zusammenhalt des Metallgefüges gelöst, also das Metall wird getrennt. Dabei entsteht Materialverlust, die Sägespäne.
Graveure z.B. benutzen bei ihrer Arbeit mit dem Stichel den Stichel als Keil und so auch die spanende Trenntechnik. Die Stichel sind verschieden geformt und können in unterschiedlichen Winkeln als Gestaltungsmittel geführt werden.
Im Folgenden beschreibe ich, wie ich ein Werkstück zur Übung der Ajour Säge-Technik angefertigt habe. Als Grundform wählte ich das Davidsstern-Motiv (zwei ineinander verschlungene Dreiecke).
Anreißen und Auftiefen
Zu Beginn markierte ich mit einem Zirkel den Mittelpunkt einer Silberronde, um anschließend die Konturen meines Sternenmotivs anreißen zu können. Nachdem ich alle Linien feinsäuberlich übertragen hatte, legte ich die Ronde mit der Motivseite nach oben in die Würfelanke. Mit einem Kugelpunzen tiefte ich die Ronde auf.
Bohren, sägen und feilen
Als nächstes bohrte ich in die Zwischenräume zwischen Sternspitzenseiten und dem vorgesehenen runden Rahmen, der den Stern umgeben sollte, jeweils ein etwas größeres Loch, um das Sägeblatt durchfädeln zu können. Von den Bohrlöchern ausgehend sägte ich Stück für Stück die Form aus, bis ein klar erkennbarer, von einem Ring umrundeter Stern zu sehen war. Die Spitzen ließ ich etwas stumpf in den äußeren Ring übergehen, um genug Material für eine stabile Verbindung des Sterns und des Außenrings zu lassen.
Um aus dem massiven Stern nun einen Davidsstern zu machen, sägte ich daraufhin in der Mitte des Sterns ein Sechseck aus. Mit dem Kugelfräser markierte und fräste ich zusätzlich kleine Kuhlen in die verbleibenden Dreiecksspitzen. Daraufhin nahm ich einen kleinen Spiralbohrer und nutze die kleinen Kuhlen als Bohrführung, um die sechs Löcher exakt zu bohren. Anschließend sägte ich vorsichtig die einzelnen Dreiecksdurchbrüche.
Für das letzte Detail der Grundform und um dem Davidsstern noch mehr Plastizität zu geben, markierte ich die sechs Stellen, an denen die Kanten der zwei Dreiecke aufeinander treffen und einen Stern ergeben sollen. Entlang der Markierungen feilte ich nun jeweils etwas Material weg, sodass optisch ein Flechtsystem entstand.
Anreißen, bohren und Ajour sägen
Mit einem Zirkel und dem Lineal riss ich nun sowohl beim Stern, als auch auf dem runden Rahmen die Mitte an. Entlang der so entstandenen Mittellinie konnte ich daraufhin mühelos Bohrungen positionieren, die als Ausgangspunkt für meine Ajour-Sägearbeiten dienten. Zuerst machte ich alle Bohrungen auf dem Stern, angefangen mit der Bohrung direkt unter der Sternspitze. Anschließend nahm ich mir den Rahmen vor.
Wie zuvor erwähnt, sind die Ajour-Sägearbeiten eine besondere Sägekunst, bei der das Sägeblatt „schräg“ statt senkrecht angesetzt wird. Ajour (á-jour, französisch) bedeutet zum Licht, Durchbruch. Bei älteren Juwelenschmuckstücken findet man oft Ajour-Sägearbeiten als Verschönerung auf der Unterseite. Ein Vorteil dieser Technik ist die Einsparung von Gewicht. Darüber hinaus unterstützt sie eine vermehrte Lichteinwirkung und vereinfacht das Reinigen von darüber gefassten Steinen.
Mit einem blauen Edding malte ich mir die einzelnen Stege (Überstände) auf, die nach dem Ajour-sägen stehen bleiben sollten. Das Sägeblatt spannte ich so in den Bügel, dass ich durch eine schräge Sägeführung mit dem Sägeblatt eine Schab- bzw. Feilbewegung erzeugen konnte. Ich arbeitete mich von Sternecke zu Sternecke langsam vor, bis alle vorgesehenen Ajour Säge-Flächen auf dem Stern fertig gesägt waren. Danach sägte ich die Ajour-Flächen auch auf dem runden Rahmen.
Gader
Eine Goldschmiede-Technik, die heute nur noch selten zum Einsatz kommt, ist das Anfertigen von Gadern. Ein Gader ist eine Art Rahmen unter der Grundform, die nur stellenweise über kleine Röhrchen mit der eigentlichen Grundform verbunden ist und einen Abstand bildet.
Nach Abschließen der Ajour-Sägeübung rundete ich auch meinen Stern noch mit einem solchen Gader ab.
Zunächst glühte ich mir dafür einen Vierkantdraht und sägte das benötige Drahtstück ab. Daraufhin schmiedete ich das Drahtstück auf einem runden Holzfassonriegel rund. Nachdem der Gader unter den Stern passte, lötete ich die Enden zusammen. Mit dem Edding markierte ich die Stellen, an denen die dünnen Röhrchen für den Gader festgelötet werden sollten. Ich feilte mit einer runden Echappementfeile auf jede markierte Stelle eine kleine runde Rille, damit die Röhrchen später nicht verrutschen würden. Das wiederholte ich auch für den Stern. Danach lötete ich die Röhrchen erst an den Gader und anschließend an den Stern. Schließlich feilte ich die Röhrchen von außen bis alles fertig war.
Fertig ist mein Übungsstück. Wenn es zum Schmuckstück werden soll, dann muss noch eine Broschnadel oder eine Keilöse daran. Vor allen Dingen müsse aber in jede Fassung ein runder facettierter Edelstein eingefasst werden. Das wäre dann ein Übungsstück für einen Fasser-Lehrling 😉