Das ist der zweite Teil der kleinen Perlenkunde. Wer den ersten Teil noch nicht gesehen hat, hier ist der Link. (Und hier die Links zu dritten und zum vierten Teil der kleinen Perlenkunde.)
Die Frage war: Wie entstehen Perlen?
Die Chinesen waren wahrscheinlich die ersten, die es geschafft haben Muscheln dazu zu bringen, Perlen zu erzeugen. Sie nahmen halbkugelförmige Kerne und legten sie direkt unter die Schale, zwischen das Mantelgewebe der Muschel und das Perlmutt. Die Muschel hat dann diesen Halbkugeln eine Perlmuttschicht aufgelegt. So waren die ersten Mabé- oder Blister-Perlen – mit Hilfe der Muscheln – von Menschenhand geschaffen worden. Es gab auch kleine Buddhafiguren, die auf diese Weise mit Perlmutt überzogen wurden. Das ganze war aber eher ein Experiment als eine Zucht.
Den Durchbruch zu einer Art Perlenindustrie schaffte dann aber ein Japaner: 1916 war es Kokichi Mikomoto, der seit 1890 mit verschiedenen Verfahren und verschiedenen Muscheln experimentiert hatte, der ein Verfahren entwickeln konnte, das zuverlässig zu gezüchteten Perlen führte.
Die Operation:
Das Verfahren das funktionierte, war eine Operation. Einer jungen aber schon erwachsenen Muschel wird ein Kern aus einer gerundeten Muschelschale in die Gonade, also die Geschlechtsdrüse, eingesetzt. Zu dem Muschelschalen-Kern muß dann noch ein kleines Stückchen von dem Gewebe dazu, das direkt am Perlmutt der Muschelschale sitzt: das Mantelgewebe. Das Mantelgewebe enthält Epithelzellen, also Zellen, die das Deckgewebe bilden. Dieses Deckgewebe wächst in der Geschlechtsdrüse (und nur dort) zu einem Perlsack in der Muschel. Und in dem Perlsack wird dann der eingesetzte Muschelschalen-Kern mit Perlmutt ummantelt. Das Mantelgewebe ist ja für die Perlmuttbildung zuständig. Das Perlmutt wird nun in der Gonade um den eingepflanzten Kern drumherum gebildet. Eine Perle entsteht. Der Kern sollte perfekt rund sein, um die größtmögliche Chance zu haben, eine runde Perle zu ernten.
Das ist also das Geheimnis: Perlen entstehen, wenn ein Kern zusammen mit Epithelzellen in die Gonade einer Muschel implantiert werden. Diese Operation wird auch Impfen genannt.
Da muss man erst mal drauf kommen! Und das muss man auch hinbekommen, ohne die Muschel zu verletzten oder gar zu töten.
Wer tiefer in den Aufbau und alles Wissenswerte von Muscheln einsteigen will, dem habe ich hier einen Link zu Wikipedia und Muscheln verlinkt.
Vom Impfen zur Zucht:
Die Akoya-Muschel war die erste Muschel, die zur Perlzucht verwendet wurde. Um die Muscheln impfen zu können, braucht man natürlich viele Muscheln. Also sind damals Taucher auf die Suche nach den jungen Muscheln gegangen. Heute züchtet man die Muscheln häufig in den Zuchtstation. In einer Zuchtstation sind die Baby Muscheln drei Jahre oder länger. Dann impft man sie mit den Kernen und nach zwei (oder mehr) Jahren, erntet man die Kerne. Sie sind nun von einer soliden Perlmuttschicht umgeben. Danach operieren Züchterinnen die Perlen vorsichtig aus den Muscheln heraus. Liefert eine Muschel eine Perle von hervorragender Qualität, bekommt sie ein weiteres Kernimplantat direkt in den dann schon vorhandenen Perlsack implantiert. Manche Muscheln werden sogar noch ein drittes Mal geimpft.
Perlen züchten
Dieser Vorgang ist eigentlich grundlegend gleich, egal welche Perle gezüchtet wird. Die Unterschiede sind, ob es kernlose Zuchtperlen oder Zuchtperlen mit Kern sind. Und ob die Perle in der Gonade oder im Mantel der Muschel wächst. Himmel! Hatte ich nicht oben geschrieben, die Perlen würden ausschließlich im Perlsack wachsen? Ja. Ja, aber. Die Chinesen hatten da doch auch schon einige Erfolge, ohne die aufwändige Operation. Und so beobachtete man auch bei der Zucht der Akoya Perlen, daß neben der Perle, die aus dem Implantat gewachsen war, manchmal auch zufällig gewachsene Perlen im Mantelgewebe gefunden werden konnten. Diese Perlen heißen Keshi Perlen. Keshi ist das japanische Wort für Mohnsamen. Kleine unregelmäßige – aber häufig – sehr schöne Perlen. Eine Art Beifang.
Die geernteten Akoya-Perlen werden – je nach Qualität – häufig gebleicht und dann manchmal zusätzlich gefärbt und poliert. Die höchste Qualität haben natürlich die Perlen, die keine weitere Behandlung benötigen.
Das war der zweite Teil der kleinen Perlenkunde. Wer den ersten Teil noch nicht gesehen hat, hier ist der Link. (Und hier die Links zum dritten und zum vierten Teil der kleinen Perlenkunde.)