fertiger Ring

Schmelzring – von Miriam

Eine meiner liebsten Aufgaben beim Goldschmieden ist das Anfertigen von geschmolzenem Schmuck. Ob Ringe oder Anhänger – das besondere an geschmolzenem Schmuck ist seine Individualität und die Tatsache, dass viele dieser Schmuckstücke eine eigene Geschichte erzählen. Nicht selten bringen Kunden vielgeliebten aber nicht mehr getragenen Schmuck mit, aus dem ein neues Schmuckstück entstehen soll. So entstehen nicht nur Ringe, Anhänger und dergleichen, sondern Erinnerungen.

An einem konkreten Kundenauftrag beschreibe ich die typischen Arbeitsschritte bei der Herstellung eines Schmelzrings. Der Auftrag bestand darin, einige kundeneigene Goldringe und sinngemäß auch die mit ihnen verbundenen Erinnerungen, zu einem einzigen, individuellen Ring im wahrsten Sinne des Wortes zu verschmelzen.

 

Prüfen und Schmelzen

Zuerst fasste ich die vorhandenen Steine aus den mitgebrachten Ringen aus. Anschließend prüfte ich mit der Prüfsäure die Ringe und wog sie, um den Feingehalt der später zusammen geschmolzenen Masse zu bestimmen.

mitgebrachte Ringe
mitgebrachte Ringe

 

Die Ringe sammelte ich sodann auf meiner Lötunterlage und schmierte sie ordentlich mit Flussmittel ein. Das Flussmittel reduziert das Bilden von Oxiden an der Materialoberfläche, die beim Löten durch den Sauerstoff in der Luft entstehen könnten. Das ist wichtig, da sich das Material durch Oxide deutlich schlechter verbindet.

Mit der Flamme erhitze ich das ganze Gold erst großflächig und dann punktuell, um gezielt Stellen am Gold zum Schmelzen zu bringen. Eine große Hilfe ist dabei der „Finger Gottes“, ein langer Titan-Stab, der wie ein „Goldschmiede-Kochlöffel“ wirkt. Mit ihm brachte ich die schmelzenden Goldringe zusammen und rührte das Gold gut durch, bis sich alles zu einer großen Goldkugel zusammenzog. Das Material änderte dabei seinen Aggregatszustand von der festen Phase, über die teigige Phase zur flüssigen Phase.

Nachdem das geschmolzene Gold die Oberfläche eines Spiegels angenommen hatte, zog ich mit dem „Finger Gottes“ das geschmolzene Gold in eine lange Form. Dabei richtete ich die Flamme weiter auf das Gold. Sobald die gewünschte längliche Form erreicht war, schreckte ich das Gold schnell in Wasser ab. Das schnelle abschreckten bewirkt, dass die Gitterstruktur im Materialgefüge feinkörnig, und damit gut formbar wird.

 

eingeschmolzenes Gold
eingeschmolzenes Gold

 

 

Umformen und Rekristallisationsglühen

Die Menge es Materials machte es mir zu Anfang sehr schwer, den Goldstreifen mit der Ringbeigezange alleine rund zu formen. Hier kam mir die Riefenanke sehr gelegen. Mithilfe der Riefenanke und einem entsprechenden Gegenstück, das aussieht wie eine walzenförmige Punze, gelang es mir, den Goldstreifen in eine konkarve Form zu schmieden. Von hier aus konnte ich das Gold leichter mit der Ringbiegezange weiterbiegen.

 

Gold mit Ringbiegezange biegen
Gold mit Ringbiegezange biegen

 

Zwischendurch glühte ich das Gold, um nach der ganzen Umformung das Gittergefüge im Gold wieder feinkörnig zu bekommen. Dieser Vorgang wird auch Rekristallisationsglühen genannt.
Verformungen haben verschiedene Auswirkungen auf die Werkstoffeigenschaften des Materials, in diesem Fall das Gold. Man erreicht dadurch zwar mehr Härte, Elastizität und Festigkeit, verliert jedoch an Dehnbarkeit, was die Verformung des Materials schwieriger macht. Würde ich diesen Punkt zu sehr ausreizen, würde das Gold nach einer Phase der Dehnbarkeit dann brechen.

 

Schweißen

Sobald ich meine gewünschte Grundform erreicht hatte, bog ich beide Enden voreinander.
Die Enden lötete ich in diesem Fall nicht wie bei einem gewöhnlichen Ring mit Lot zusammen. Stattdessen verband ich die Enden durch einen Schmelzvorgang (Schweißen). Anders als beim Löten, werden die zwei Ringenden beim Schweißen unter anderem nur durch zugeführte Energie, also mithilfe einer heißen Flamme, an ihrer Verbindungsstelle zum Schmelzen gebracht und ohne Zusatzstoffe miteinander verbunden.

Ein anderer Unterschied liegt in der Haltbarkeit der Verbindung. Schweiß-Verbindungen sind deutlich stärker als Lötverbindungen. Beim Löten wird ein Zusatzstoff – das „Lot“ – benutzt, um Metalle miteinander zu verbinden. Je nach Lot-Art lässt sich hier wieder zwischen Hart- und Weichlöten unterscheiden. Wie die Bezeichnung ausfällt hängt mit den Temperaturen zusammen. Grob gesagt: Hartlöten beginnt bei Temperaturen über 450°C und Weichlöten unter 450°C.

Zurück zum Auftrag: Sollte der Ring nach dem Schweißen stellenweise rissig sein, ist das ein Zeichen dafür, dass das Material zu sehr strapaziert wurde. An entsprechenden Stellen am Ring, den ich gerade bearbeitet hatte, erhitzte ich das Material daher erneut, um es punktuell miteinander zu verschmelzen.

 

Rund richten und gehämmerte Oberfläche

 

Am Ringstock schmiedete ich den Schmelzring nun rund und etwas größer, um die passende Ringgröße zu bekommen. Danach feilte ich alle scharfen Kanten von der Grundform weg, um ihn bequem zu machen.

Mit der „Hummel“, ein Schmirgelpapierhalter mit aufgewickeltem Schmirgelpapier, verpasste ich dem Schmelzring noch den letzten Schliff von innen und außen.

Ring versäubern
Ring versäubern

 

Schmelzring rund schmieden  
Schmelzring rund schmieden

 

Bei diesem Kundenauftrag sollte zusätzlich noch ein leichter Hammerschlag auf die Oberfläche geschmiedet werden. Dazu verwendete ich einen flach gewölbten Polierhammer. Schließlich wurden die ausgefassten Steine wieder in den neuen Ring eingefasst, und der Ring war fertig zur Übergabe.

 

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Ein Kommentar

  1. Faszinierend zu lesen und zu sehen wie etwas Neues entsteht. Das schmelzen so zu sehen ist wahnsinnig interessant!
    Das Ergebnis weckt Begierde sich auch so einen Schmelzring machen zu lassen.

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